Familien sollen gezielt unterstützt werden

27.8.2018     Ludwig Altenburger

Der Kantonsrat wird in der Septembersession die vorberatende Kommission für die Behandlung des Berichts zur familien- und schulergänzenden Kinderbetreuung sowie der Gesetzesinitiative «Familien stärken und finanziell entlasten» bestellen.

Stimmt der Kantonsrat der Ausarbeitung eines Gegenvorschlags zu, hat die Regierung ein Jahr Zeit dafür. Der Kantonsrat wird diesen anschliessend im Detail beraten.

Die Verzögerung durch die St.Galler Regierung ist nicht nachvollziehbar. Ich bin gespannt wie die Werdenberger Kantonsrätinnen und Kantonsräte abstimmen werden!

Ludwig Altenburger, Stadtrat Buchs



Familien sollen gezielt unterstützt werden

Das Angebot an Kindertagesstätten und Horten im Kanton ist im schweizweiten Vergleich teuer und wenig ausgebaut. Dies zeigt ein Bericht der Regierung im Auftrag des Kantonsrates. Die Gemeinden sind deshalb angehalten, das Angebot gezielt zu fördern. Gleichzeitig will der Kanton prüfen, wie die Kosten für die El-tern gesenkt werden können. Die Regierung empfiehlt dem Kantonsrat, die Volksinitiative zur Erhöhung der Kinder- und Ausbildungszulagen abzulehnen und stattdessen einen Gegenvorschlag erarbeiten zu lassen.

Der Gegenvorschlag soll die Wirtschaft an der Finanzierung des familien- und schulergänzenden Betreuungsangebots beteiligen.

Im Auftrag des Kantonsrates hat die Regierung die aktuelle Situation der familien- und schulergänzenden Kinderbetreuung im Kanton untersucht. Der jetzt vorliegende Bericht zeigt, dass das Angebot im Kanton St.Gallen unterdurchschnittlich ausgebaut ist. Der Kanton liegt mit einem Versorgungsgrad von 6 Prozent deutlich unter dem schweizerischen Durchschnitt von 10 Prozent. Finanziert werden familien- und schulergänzende Angebote wie Kitas, Schülerhorte oder Tagesfamilien derzeit vor allem durch die Eltern sowie durch Beiträge der Gemeinden. Die finanzielle Belastung der Eltern ist hoch. Sie tragen durchschnittlich 63 Prozent der Kosten. Aspekte der Finanzierung stellen darum ein zentrales Handlungsfeld dar, das die Regierung angehen will. Im Bericht werden auch zahlreiche andere Bereiche erörtert, etwa die Verbesserung der Information über die Angebote und deren Nutzen oder die Förderung im Schulbereich, die mittels einer Bereitstellungspflicht für ein bedarfsgerechtes Angebot während des ganzen Schultages erreicht werden soll.

Gemeinden zuständig für das Angebot

Ins Auge stechen bei der Situationsanalyse die regionalen Unterschiede. Während das Angebot in den städtischen Zentren gut bis sehr gut ausgebaut ist, liegt der Versorgungsgrad in einem Drittel der Gemeinden bei unter 1 Prozent. Die Förderung der familien- und schulergänzenden Kinderbetreuung ist Aufgabe der Gemeinden. Sie sind aber nicht verpflichtet, ein bedarfsgerechtes Angebot zur Verfügung zu stellen oder zu finanzieren – ausser bei den Mittagstischangeboten der Schulen. Die Regierung will nichts an dieser Aufgabenteilung ändern. Sie appelliert aber an die Gemeinden, ihr Angebot auszubauen und dieses verstärkt zu unterstützen. 

Initiative zur Erhöhung der Familienzulagen

Handlungsbedarf bei der Familienpolitik sieht auch ein Initiativkomitee und hat Anfang Jahr eine Gesetzesinitiative zur Erhöhung der Kinder- und Ausbildungszulagen im Kanton eingereicht. Danach sollen die kantonalen Ansätze fix immer 50 Franken über den Mindestansätzen des Bundes liegen. Heute gelten im Kanton hingegen die Werte des Bundes: Die Kinderzulage beträgt somit derzeit 200 Franken und die Ausbildungszulage 250 Franken. Die Zulagen werden von den Arbeitgebenden und den Selbständigerwerbenden finanziert. Die Mehrkosten durch die von den Initianten geforderte Zulagenerhöhung werden auf über 50 Millionen Franken geschätzt. Die Regierung hat sich in den letzten Jahren stets gegen eine Erhöhung der Kinder- und Ausbildungszulagen ausgesprochen. Sie argumentiert, dass es sich bei den Familienzulagen um ein teures Instrument handelt, das den Bedarf der einzelnen Familie nicht berücksichtigt. Von einer Erhöhung profitieren alle Familien gleich, unabhängig davon ob sie die zusätzlichen finanziellen Leistungen benötigen. Die Regierung empfiehlt dem Kantonsrat daher, die Initiative abzulehnen, die Unternehmen und Selbständigerwerbenden durch eine Erhöhung der entsprechenden Ansätze belasten würde. Dem Kantonsrat wird daher gleichzeitig die Ausarbeitung eines Gegenvorschlags beantragt.

Beitrag an Betreuungskosten statt Kinderzulagen

Mit dem Gegenvorschlag soll dem Problem begegnet werden, dass die hohe finanzielle Belastung der Eltern eine der grössten Hürden für die Nutzung der familien- und schulergänzenden Betreuung darstellt. Die Regierung will diese nun senken, um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu fördern. Sie empfiehlt dem Kantonsrat deshalb, im Rahmen eines Gegenvorschlags die Wirtschaft an der Finanzierung von familien- und schulergänzenden Betreuungsangeboten zu beteiligen. Anstelle der Erhöhung der Familienzulagen sollen die Unternehmen einen Beitrag an die Betreuungsangebote leisten. Wie bei den Familienzulagen sollen die Unternehmen einen bestimmten Prozentsatz ihrer Lohnsumme in ein Fördersystem einzahlen, womit das Angebot vergünstigt werden kann. Die finanzielle Belastung der Arbeitgebenden soll dabei weniger gross ausfallen, als dies bei der von den Initianten geforderten Zulagenerhöhung der Fall wäre. Ähnliche Modelle kennen einige Westschweizer Kantone.

Wirtschaft profitiert direkt von der Kinderbetreuung

Nutzen mehr Familien die Betreuungsangebote, hat das weitreichende positive Effekte. Der Wirtschaft stehen durch den Verbleib von Eltern im Erwerbsleben dringend benötigte inländische Arbeits- und Fachkräfte zur Verfügung. So kann dem Fachkräftemangel entgegengewirkt werden. Die Eltern selbst profitieren ebenfalls. Ihre Karrierechancen bleiben intakt, sie erzielen höhere Einkommen und sichern ihre Altersvorsorge. Zudem fördert die familien- und schulergänzende Betreuung die Entwicklung und Bildung der Kinder und die Chancengerechtigkeit.

Der Kantonsrat wird in der Septembersession die vorberatende Kommission für die Behandlung des Berichts zur familien- und schulergänzenden Kinderbetreuung sowie der Gesetzesinitiative «Familien stärken und finanziell entlasten» bestellen. Stimmt der Kantonsrat der Ausarbeitung eines Gegenvorschlags zu, hat die Regierung ein Jahr Zeit dafür. Der Kantonsrat wird diesen anschliessend im Detail beraten.