Fels in der Brandung oder Gerechtigkeit für Frauen schaffen? Darüber wurde am AHV-Podium diskutiert. Bericht von Adi Lippuner
Sie kreuzten die Klingen (von links):
SVP-Kantonsrat Sascha Schmid, die Kantonsrätinnen Barbara Dürr, Mitte; Karin
Hasler, SP; Katrin Schulthess, SP, und Gesprächsleiter Christoph Wick. Bild:
Adi Lippuner
Fels in der Brandung oder Gerechtigkeit für Frauen
schaffen? Darüber wurde am AHV-Podium diskutiert.
Adi Lippuner
Die bevorstehende Abstimmung über die AHV-Reform
und die Erhöhung der Mehrwertsteuer gaben am Dienstagabend im «Buchserhof»
Stoff für eine engagierte Podiumsdiskussion. Unter der Leitung des
Kantonsschullehrers Christoph Wick kreuzten beim überparteilichen Anlass Karin
Hasler und Katrin Schulthess, beide SP-Kantonsrätinnen als Gegnerinnen, sowie
Mitte- Kantonsrätin Barbara Dürr und SVP-Kantonsrat Sascha Schmid als Befürworter
ihre Klingen. Für Christoph Wick ist es «die wichtigste Abstimmung dieser
Legislatur».
Als umstrittenster Punkt gilt die Erhöhung des Frauenrentenalters auf 65 Jahre.
Da setzten sich die Gegnerinnen vehement dafür ein, dass zuerst alle «Ungerechtigkeiten»
wie tiefere Frauenlöhne, bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf, aber auch
vermehrte Möglichkeiten der Teilzeitarbeit für Männer und ganz besonders die
ungleichen Voraussetzungen bei der zweiten Säule verbessert werden müssen.
Schrittweise vorgehen: Zuerst AHV, dann BVG
Die Befürworter-Seite warf den Erhalt
des wichtigen Sozialwerks in die Waagschale und argumentierte, dass mit einer
Annahme der Vorlage die AHV für die kommenden zehn Jahre gesichert sei. Zudem
könnten dann die weiteren Anliegen wie die berufliche Vorsorge (BVG) als
nächster Schritt in Angriff genommen werden. Kritisiert wurde auch, dass das
Gesamtpaket, Revision von AHV und BVG im Jahr 2017, bei der Volksabstimmung
verworfen wurde.
Geht es um die bisherigen Anstrengungen rund um die AHV-Revision, zeigt ein Blick auf die Jahreszahlen, dass seit der Einführung im Jahr 1948 bereits einige Versuche gestartet wurden. 1997, bei der 10. AHV- Revision, wurden Einzelrenten, Erziehungs- und Betreuungsgutschriften eingeführt, seither gibt es die Möglichkeit des Rentenvorbezugs und das Frauenrentenalter wurde von 62 auf 64 Jahre erhöht. Zwischen 2004 und 2010 scheiterten Revisionsvorlagen bei Volk und Parlament.
Für Karin Hasler ist klar: «Der Referenzwert, Anzahl Junge und
Pensionierte, ist nicht entscheidend, es geht um die gestiegene
Gesamtlohnsumme. Vielmehr sollten die Lohnprozente erhöht werden, damit sehr
gut Verdienende mehr einzahlen.» Ihre Kollegin, Katrin Schulthess doppelte nach:
«Das Umlagedefizit ist nicht nachvollziehbar und die düsteren Prognosen sind
völlig aus der Luft gegriffen. Bevor unsere Anliegen wie die bessere
Vereinbarkeit von Familie und Beruf nicht geregelt sind, muss nicht über eine
AHV-Reform geredet werden.»
Für Sascha Schmid steht nicht die Erhöhung des Frauenrentenalters im
Zentrum. «Vielmehr geht es um die Umsetzung der Gleichberechtigung auch auf
dieser Ebene.» Eine Sicherung könne nur mit der Revision erreicht werden. «Die
von Links immer wieder eingebrachte Geschlechterfrage passt einfach nicht
dazu.» Und Barbara Dürr doppelte
nach: «Es gibt bei jeder Vorlage Argumente, was noch zuerst erledigt werden
müsste oder mit einbezogen werden könnte. Wir müssen vorwärts machen, und bei
der aktuellen Abstimmung ist die Flexibilisierung beim Rentenalter ein
Pluspunkt.»
Voten aus dem Publikum stärkten vorwiegend die Position der Gegnerinnen. Insbesondere wurde darauf hingewiesen, dass die Generation, die demnächst in Rente kommt, vielfach nicht die gleichen beruflichen Chancen hatte wie heute. «Gerade Frauen haben deshalb schlechte Rentenaussichten», so eine der Aussagen. Sascha Schmid warf ein Zitat von Winston Churchill in die Waagschale: «Man löst keine Probleme, indem man sie auf Eis legt.»